Der Traumjob von jedem Jungen
Jens
Autor Jens Vögele
Tag EggentalerInnen

Der Traumjob von jedem Jungen

Hermann Pichler und seine Kollegen präparieren jeden Abend und – falls nötig – jeden Morgen die Pisten in Obereggen, die einen ausgezeichneten Ruf genießen. Mit starken Maschinen, viel Feingefühl und der neuesten Technik sorgen sie dafür, dass Skifahrer hier ungetrübte Urlaubstage verbringen können.

Wahrscheinlich träumt jeder Junge davon, später einmal so zu sein wie Hermann Pichler. Im Sommer steuert er als Besitzer einer Baufirma die ganz großen Bagger. Und im Winter ist sein Arbeitsplatz nicht minder beeindruckend. „Ich bin ein Maschinenmensch“, sagt der Eggentaler, steigt über die Kette in das Führerhaus seines Pistenbullys und startet die 520 PS des Dieselmotors mit fast 12 Litern Hubraum.

Jeden Nachmittag um Punkt 17 Uhr fahren die riesigen Rolltore der Garage an der Talstation des Obereggener Skigebiets nach oben, bevor Hermann Pichler und seine sechs Kollegen zu ihrer täglichen Mission aufbrechen – um das zu gestalten, was jeden Skifahrer glücklich macht: perfekt präparierte Pisten.

„Früher haben wir das alles nur nach Gefühl gemacht, aber die neue Technik ist eine enorme Unterstützung für uns

„Eigentlich müssen wir nur den Schnee, der beim Skifahren nach unten geschoben wird, wieder hochbringen“, erklärt Hermann seinen Job. Der ist allerdings deutlich schwieriger als es sich anhört und erfordert trotz des beeindruckenden Arbeitsgeräts ganz schön viel Feingefühl. „Mein Bereich ist die Oberholz-Piste“, erklärt er, lässt die Schaufel auf den Schnee sinken und fährt los auf die knapp 2,8 Kilometer Piste, die zu den steilsten im gesamten Skigebiet gehört.

Den Schnee wieder hochzubringen, das ist jeden Tag eine Aufgabe, bei der gewaltige Massen bewegt werden. Dabei hilft einerseits die Technik. Das Cockpit von Hermann Pichlers Pistenbully sieht aus wie eine überdimensionierte Playstation-Konsole. „Die Computer-Unterstützung macht heute zwar vieles leichter sagt er“, aber trotzdem braucht es andererseits viel Erfahrung und Gespür dafür, die Pisten so zu präparieren, dass sie am nächsten Morgen keine Wünsche mehr offen lassen.

Diesen Anspruch haben Hermann Pichler und seine Kollegen, von denen viele waschechte Eggentaler sind, sowieso an sich selbst. Dass sie sich mit dem Tal und dem Skigebiet identifizieren, ist für sie fast schon eine Selbstverständlichkeit. Die Schneequalität hier genießt einen ausgezeichneten Ruf und ist deswegen schon vielfach prämiert worden. Das erfüllt die Obereggener Pistenmacher einerseits mit Stolz, spornt sie aber auch an – vor allem wenn die Verhältnisse mal nicht so gut sind wie heute: Minus zehn Grad, perfekter Pulverschnee in einer tiefwinterlichen Abendstimmung. „Schön, wenn es immer so wäre“, sagt Hermann Pichler.

Die Sonne geht unter und taucht das Massiv des Latemar in sein so einzigartiges Rosadira-Abendrot, als Hermann die erste Bahn hinauf zur Berghütte Oberholz zieht. Vorne schiebt die über fünf Meter breite Schaufel, während hinten die Fräse den Pisten ihr charakteristisches Muster verleiht. 4392 Leute sind in den Stunden davor runtergefahren, was Hermann Pichler über sein Smartphone genau abrufen kann. Das bedeutet trotz der guten Bedingungen eine Menge Arbeit. Aber auf dem Monitor im Cockpit sieht er exakt, was er machen muss. Punktgenau weiß er, wieviel Schnee an welcher Stelle unter ihm liegt. „Früher haben wir das alles nur nach Gefühl gemacht, aber die neue Technik ist eine enorme Unterstützung für uns“, sagt er.

Unterstützung brauchen aber nicht nur die Fahrer, sondern auch die Pistenbullys selbst – zumindest auf den steilen Pisten. Hermann steigt kurz unterhalb der Berghütte Oberholz aus, nachdem er das mächtige Stahlseil von der Seilwinde oberhalb seines Führerhauses herunterlässt. Er klettert ein paar Schritte zu dem Betonsockel hinauf, an dem er das Seil einhängt, womit die rund elf Tonnen Eigengewicht des Pistenbullys bergab gehalten und bergauf gezogen werden – mit automatisch dosierter Kraft von bis zu 4500 Kilogramm.

„Wenn es nicht gerade warm und matschig ist, schafft es der Pistenbully theoretisch auch ohne Seilunterstützung“, erklärt Hermann. Aber das Seil hilft ihm, viel dosierter und gleichmäßiger zu arbeiten. Er spurt in aller Seelenruhe seine Bahnen bergauf und bergab, als gerade zwei Tourengeher auf dem Weg neben der Piste gehen. Vor allem nachts ist der Weg von Obereggen zur Berghütte Oberholz eine beliebte Route. „Diejenigen, die sich auskennen, wissen normalerweise genau, wie sie sich verhalten müssen“, sagt Hermann. Aber er erlebt es auch immer wieder, dass weniger Erfahrene eher unbedarft unterwegs sind – und sich längst nach Ende des Skibetriebs noch auf den Pisten befinden. Für ihn und seine Kollegen ist das im besten Fall ärgerlich, weil die Rillen, die von der Pistenbully-Fräse in den Schnee gezogen werden, Zeit brauchen, um über Nacht durchzufrieren. Im schlimmsten Fall allerdings kommen sich Skifahrer und Pistenbullys in die Quere. „Vor allem die Seile sind in der Dunkelheit kaum zu erkennen und lebensgefährlich“, warnt Hermann Pichler.

Im Radio singen gerade die Kastelruther Spatzen, während Hermann Pichler nach knapp vier Stunden den Feierabend vor Augen hat. Er hängt an der Berghütte Oberholz das Seil aus, rollt es wieder ein und sagt: „Jetzt kommt noch die Feinarbeit.“ Für den Ausstieg des Sessellifts scheint sein Pistenbully zwar leicht überdimensioniert, aber er bewegt ihn mit spielerischer Leichtigkeit auch durch die engsten Stellen.

Kurz bevor die Oberholzpiste fertig ist, funkt er sich mit seinen Kollegen zusammen. Auch wenn jeder seinen fixen Bereich hat, stimmen sie sich ab und helfen sich gegenseitig aus. „Wir fahren um 17 Uhr gemeinsam hoch und zum Feierabend wieder gemeinsam runter“, sagt Hermann. Wobei sich das Runterfahren an zwei Tagen pro Wochen ziemlich in die Länge zieht. Wegen des Flutlichtbetriebs dienstags und freitags auf der Piste zur Talstation machen die Obereggener Pistenbullyfahrer auf der Epircher Laner Alm aus der Not eine Tugend und treffen sich dort zum Abendessen. Einer von ihnen muss schließlich ab 23 Uhr noch das glattbügeln, was die Nachtskifahrer hinterlassen haben, bevor auf den Obereggener Pisten Ruhe einkehrt. „Ich bin erst nächste Woche wieder dran“, sagt Hermann, der sich auf eine verhältnismäßig lange Nacht freuen kann. Weil genügend Schnee liegt, deshalb nicht mehr beschneit wird, und weil auch keine Niederschläge zu erwarten sind, haben die Pistenbullyfahrer für heute ihr Werk verrichtet. Mit frischem Schnee jedoch müssten sie alles nochmal am frühen Morgen fräsen, bevor um halb neun die Lifte öffnen. So oder so finden Skifahrer dann perfekt präparierte Pisten für einen ungetrübten Skitag vor. „Wir arbeiten für Perfektion, die jeden Tag wieder unperfekt wird“, sagt Hermann Pichler augenzwinkernd. Aber das ist eben sein Job. Ein Job, der ihm jeden Abend viel Freude bereitet. Und ein Job, von dem wahrscheinlich jeder Junge schon mal geträumt hat.

„Wir arbeiten für Perfektion, die jeden Tag wieder unperfekt wird“

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