Die Sterne am Eggentaler Kulinarikhimmel
Es geschieht nicht oft, dass man Sternen gegenübersitzt. Besser gesagt, SterneKÖCHEN. Daher freue ich mich auf das Interview mit diesen beiden Talenten ganz besonders. Wenn sie nicht gerade zum Interview gebeten werden, fungiert der 46-jährige Theodor Falser als Chef de Cuisine im Welschnofner Hotel Engel und Sternekoch der Johannesstube und der 30-jährige Gregor Eschgfäller mit denselben Ehren in seinem eigenen Sternerestaurant Astra im Hotel Berghang in Steinegg.
Wie seid ihr zu eurem Beruf gekommen?
Gregor: Ich habe nach der Mittelschule die Savoi besucht und wollte eigentlich Kellner werden, aber weil ich nicht der Mann großer Worte bin, bin ich dann doch in der Küche gelandet (lacht). Ich komme eigentlich aus St. Leonhard in Passeier, bin aber in den Betrieb meiner Frau eingestiegen. Wir sind viel herumgereist und haben auch im Ausland zusammengearbeitet. Unsere wichtigsten Stationen waren der Hangar 7 in Salzburg, die Villa Feltrinelli am Gardasee, außerdem waren wir noch in der Toskana und in England. Die 14 Monate im Hangar 7 waren besonders intensiv und lehrreich.
Theodor: Ich stamme von einem Selbstversorger-Bauernhof aus Karneid. Meine schulischen Leistungen waren nicht immer die besten und ich wollte schon immer von Zuhause weg – und Koch werden, auch wenn das in den 1980ern ein ziemlich „unsexy” Beruf war. Anders als Gregor war ich immer in der Großhotellerie tätig und war aber auch viel unterwegs, gerade für Hoteleröffnungen. In Kuala Lumpur war ich der damals jüngste Hotel-Küchenchef. Drei Jahre haben meine Frau und ich dort gelebt. Nachdem wir aber mittlerweile zwei Kinder hatten, entschieden wir uns zurückzukommen. Unterwegs bin ich aber noch immer viel, um neue Ideen und Inspirationen zu sammeln, die ich in meiner Arbeit hier im Hotel verarbeiten kann.
Gregor, du hast deinen Michelin-Stern 2018 erhalten, du, Theodor, 2014. Wie läuft sowas ab?
Gregor: Der Ablauf ist Top Secret. Ein paar andere Köche und ich wurden morgens von einem Bus abgeholt, die Vorhänge waren zugezogen und durften nicht geöffnet werden. Dann sind wir in eine Halle gebracht worden, wo wir stundenlang gewartet haben – und keiner wusste, was los war. Die Verleihung war an einem Donnerstag und am Freitag vorher bekam ich den Anruf für die Einladung. Ganz sicher war ich mir bis zum Moment der Verleihung nicht, ob ich den Stern wirklich bekommen würde! Ich bin froh, dass es geklappt hat, immerhin hat man darauf hin gearbeitet – und man braucht ein bisschen, um es zu realisieren.
Theodor: Ich war gerade auf einer Kreuzfahrt auf Sizilien, als ich einen Anruf von Matthias vom Hotel Engel bekam und er mich darüber informierte, dass ich einen Stern bekommen hatte. Das Komitee hatte mich nämlich während des Urlaubs nie erreicht und dann habe ich es gar nicht mitbekommen (lacht). Ich konnte es auch nicht wirklich glauben und gleichzeitig war es sehr emotional. Und die Jacke ist mir dann einfach zugeschickt worden!
Der Stern: Traum und Türöffner!
Wie hat sich euer Leben nach dem Stern verändert?
Theodor: Tja, man bekommt viele Einladungen und Anfragen, plötzlich interessieren sich alle für dich – und das, obwohl man als Mensch und als Koch ja immer der gleiche ist und alles genau so weitermacht wie bisher. Für mich war es ein riesiger Türöffner, für das Hotel ist es eine große Bestätigung und hat auch eine extreme Bedeutung: Der Stern ist noch das Tüpfelchen auf dem i, das dieses Hotel von anderen 4-Sterne-S-Hotels abhebt.
Gregor: Wir haben jetzt viel mehr Arbeit! (lacht). Unser Restaurant ist ja ganz klein – zuerst hatten wir nur zwei Tische, jetzt haben wir vier – und wir haben es eigentlich immer eher als Hobby angesehen. Wir können endlich das umsetzen, was wir auf unseren Reisen gelernt haben und können auch immer wieder was Neues ausprobieren. Das Restaurant ist jetzt fast immer ausgebucht. Es werden immer mehr Leute auf uns aufmerksam – der Stern ist auf jeden Fall eine sehr gute Werbung!
Was waren – abgesehen vom Stern natürlich – die absoluten Highlights eurer bisherigen Karriere?
Gregor: Definitiv, das eigene Restaurant zu eröffnen! Etwas Eigenes zu schaffen und aufzubauen war schon etwas ganz Besonderes für meine Frau und mich. Die Anfänge waren eine Herausforderung, aber am Ende haben sich die Mühen gelohnt und man ist auch etwas stolz.
Theodor: Ich durfte bisher 26 Hotels und Restaurants weltweit eröffnen. Besonders die Hoteleröffnungen in Kuala Lumpur und Malaysia sind mir sehr in Erinnerung geblieben. Die Möglichkeit, auf einem Schiff zu arbeiten, war für mich auch ein Highlight – das hat sicher mit meiner Natur des Fortgehens und Wiederkommens zu tun. Es ist doch generell so: Mit jeder neuen Erfahrung, die man macht, lernt man sich immer wieder selbst neu kennen und über seine Grenzen hinauszuwachsen. Und die besten Ideen und Neuigkeiten lasse ich in meiner Arbeit im Hotel Engel einfließen.
Von starken Frauen und Küchen-Kindern
Wie das bei erfolgreichen Männer ja so ist, stehen auch bei euch starke Frauen im Hintergrund. Wie unterstützen sie euch?
Gregor: Ich bezeichne meine Frau gerne als Creative Director. Ihr Kopf steht nie still, sondern ist ständig am arbeiten. Sie hat die Ideen und ich setze sie um. Und wenn ihre Ideen nicht umsetzbar sind, dann bringe ich wiederum Vorschläge. Wir ergänzen uns wahnsinnig gut. Wir waren schon immer zusammen unterwegs und verfolgen die gleichen Ziele. Uns gibt es nur als Team. Entweder arbeiten wir beide oder wir haben beide frei.
Theodor: Meine Frau ist diejenige, die mich wieder erdet. Sie hält mir den Rücken frei und kümmert sich um alle familiären, sowie bürokratischen und administrativen Angelegenheiten. Sie übernimmt all meine Korrespondenzen, damit ich mich aufs Kochen konzentrieren kann. Außerdem bringt sie immer eine neutrale Meinung bezüglich meiner Gerichte ein – weil sie die Gerichte wie ein Gast sieht. Selber ist man da ja oft zu voreingenommen.
Aus kulinarischer Sicht war es sicherlich meine Mutter, die mich auf den richtigen Weg gebracht hat und mir die besten Werte in die Wiege gelegt hat.
Gebt ihr das Talent euren Kindern weiter? Und: Wie vereinbart ihr Beruf und Familie?
Gregor: Meine vierjährige Tochter hilft überall mit, die treibt mir auch schon mal den Teig für die Ravioli aus (lacht)! Köchin werden möchte sie aber nicht, sagt sie. Ich wäre froh, wenn einer der beiden eines Tages den Betrieb übernehmen würde, aber sie sollen natürlich das machen, was sie glücklich macht.
Unsere Kinder sind immer mit dabei, schon als Babys stand die Wippe bei uns in der Küche. Sie wachsen quasi in der Küche auf. Dadurch, dass wir alle im gleich Haus leben und arbeiten, sind die Kinder immer in unserer Nähe und dann hat man – trotz Arbeit – viel Zeit füreinander. Gerade nachmittags nehmen wir uns zwei, drei Stunden Zeit und einmal in der Woche machen wir einen Tagesausflug. Das ist ganz wichtig für die Kinder – und für uns. Damit wir abends arbeiten können, greift uns die Oma unter die Arme.
Theodor: Obwohl wir sie nie in diese Richtung gepusht haben, besucht meine Tochter die Hotelfachschule und möchte in einem Hotel arbeiten. Sie hat noch viele Ideen, die sie umsetzen möchte, wollte meine Hilfe aber nie annehmen – obwohl ich ja viele Connections hätte. Sie ist sehr selbstständig, was Praktikas usw. anbelangt – das finde ich gut! Auch mein Sohn wird im nächsten Jahr die Hotelfachschule beginnen – er möchte Koch werden. Er behauptet ja immer, dass er viel besser kochen kann als ich (lacht).
Meine Familie und ich frühstücken jeden Tag gemeinsam, aber das war’s leider auch schon. Zimmerstunde habe ich nur ein, zwei Mal in der Woche und auch mein freier Tag ist nicht immer gleich. Wenn es passiert, dass ich ins Ausland muss und es sind genau dann Ferien, dann nehme ich meine Familie mit. Man wird zufriedener – und ein gemeinsames Pizzaessen oder ein gemeinsamer freier Tag sind dann schon ein Highlight!
Welche Ziele habt ihr für die nächsten Jahre – beruflich wie privat?
Gregor: Die Familienplanung ist schon mal abgeschlossen, diesbezüglich sind wir wunschlos glücklich! Grundsätzlich ist es gut so, wie es jetzt ist. Wir betrachten unsere Arbeit immer noch nicht als Arbeit, es ist einfach das, worin wir uns verwirklichen können. Trotzdem ist es wichtig, immer wieder neue Ziele zu finden – vielleicht klappt es ja auch mal mit dem zweiten Stern.
Theodor: Ich möchte natürlich gesund und glücklich bleiben … Ich möchte Kitesurfen lernen und mehr Zeit mit der Familie verbringen. Hier im Hotel soll es genauso weitergehen. Ich will mich in Zukunft auch mehr dem Thema Gesundheit widmen und mich zum Heilpraktiker auf Küchenbasis weiterbilden – die richtige Balance beim Essen zu finden, um das Maximum an Körperenergie rauszuholen, finde ich wahnsinnig wichtig.