Zwischen sanftem Dolomiten-Erwachen, Gästetrubel und weiblichem Durchhaltevermögen:
Die erste verbringt das halbe Jahr in den Bergen auf der Rotwandhütte, die zweite hat mit jungen 25 Jahren die Ausschreibung für die Lieg Alm in Deutschnofen gewonnen und die dritte meistert den Spagat zwischen Gästen, Tieren und Enkelkindern im Untereggerhof in Obergummer: Roberta Silva (47), Carmen Gummerer (25) und Renate Pichler (54) – drei Frauen an drei verschiedenen Orten im Eggental. Was sie gemeinsam haben? Nun: Sie haben sich dem Leben als Hüttenwirtin verschrieben. Was das genau bedeutet, wie sie ihren Alltag als Wirtin meistern und warum es dafür eine gehörige Portion an Power bedarf, haben uns die drei Frauen in diesem Interview verraten!
Erzählt doch mal ein bisschen über eure Hütten!
Roberta: Die Rotwandhütte ist Teil der Società Alpina del Trentino (SAT) und wurde 1906 erbaut. In den 1980er-Jahren wurde sie das erste Mal renoviert – 2008 das zweite Mal. Wir befinden uns hier auf 2.300 Metern und haben insgesamt 59 Schlafplätze. Fünf Monate im Jahr, von Juni bis Oktober, hat die Rotwandhütte geöffnet – in dieser Zeit bin ich eigentlich fast immer hier. Früher habe ich die Hütte mit meinem Mann bewirtschaftet – er ist allerdings 2011 verunglückt. Damals hab ich beschlossen, alleine weiter zu machen – die Schutzhütte ist mein zweites Zuhause und ich habe ein tolles, junges Team an meiner Seite.
Carmen: Die Lieg Alm wurde vor 13 Jahren umgebaut und liegt an der Grenze zu Trient auf 1.750 Metern. Ich habe letztes Jahr an der Ausschreibung mitgemacht – und unerwartet gewonnen. (lacht) Die kommenden sechs Jahre schmeißen also wir – meine Schwägerin, die für die Küche zuständig ist, und ich – den Laden. Im Moment sind wir fast ausschließlich Frauen im Betrieb – nur ein junger, mutiger Mann hat sich ins Team gemischt, der es mit uns bestimmt nicht immer einfach hat! (lacht) Wir versuchen, unseren Gästen einen Mix aus Trientner und Südtiroler Spezialitäten zu bieten – den Käse z. B. kaufen wir im Trentino, das Fleisch hier bei uns. Neben der Alm gibt es einen kleinen Weiher und eine Kegelbahn. Seit der Sturm Vaia gewütet hat, ist die Aussicht noch weiter geworden – und wir sehen sogar bis zu Roberta auf die Rotwandhütte hinüber.
Renate: Den Untereggerhof gibt es bereits seit einigen hundert Jahren – er ist somit einer der ältesten Höfe in Gummer. 1995 haben mein Mann und ich dann mit einem Hofschank begonnen, 2002, als die Sternwarte hier in Gummer eröffnet wurde, haben wir schließlich die Gasthauslizenz bekommen und den Betrieb erweitert. Früher hab ich noch alleine gekocht – mittlerweile haben wir natürlich Angestellte. Wir haben das ganze Jahr über geöffnet. Bei uns gibt es viele Gruppen- und Firmenfeiern, Arbeiteressen und auch Törggele-Abende bieten wir an.
Wie würdet ihr euch selbst beschreiben?
Carmen: Chaotisch, aber lebensfroh. Ich glaube, ich bin sehr weltoffen und oft gehe ich Dinge ziemlich spontan an, aber irgendwie hat bis jetzt alles geklappt. (lacht)
Renate: Ich bin ein sehr positiv gestimmter und optimistischer Mensch, bin unkompliziert und sehe in jedem Menschen das Gute – und ich bin immer da, wenn man mich braucht.
Roberta: Chaotisch bin ich auch, aber irgendwie trotzdem gut organisiert. (lacht) Ich bin ein lustiger und aufgeweckter Mensch, liebe das Leben und möchte, dass es allen anderen gut geht.
Welchen Herausforderungen steht ihr gegenüber oder musstet ihr in den vergangenen Jahren meistern?
Roberta: Da die Rotwandhütte relativ leicht erreichbar ist, vergessen die Gäste manchmal, dass sie sich mitten in den Bergen befinden – man muss sie immer wieder daran erinnern, dass sie die Gefahren nicht unterschätzen dürfen. Für mich persönlich ist es die größte Herausforderung, ab und zu ins Tal zu müssen – und bin dann immer froh, wenn ich all dem Trubel wieder entfliehen und in die Berge zurück kann.
Carmen: Es war für uns gar nicht so einfach, in dieses „neue“ Leben hineinzuwachsen. Am Anfang war es für uns deshalb sicherlich die größte Herausforderung, Familie und Beruf zu trennen.
Renate: Für mich ist das ständige Präsent-Sein oft nicht einfach: Ich bin wahnsinnig gerne mit den Leuten, aber ständig per E-Mail und Telefon erreichbar zu sein und auf Nachrichten antworten zu müssen, damit tu ich mich schwer. Auch ist es heutzutage nicht mehr so einfach, genügend Personal bzw. Aushilfen zu finden.
Wie war es für euch als Frauen in dieser Branche?
Roberta: Als mein Mann starb, der nicht nur Hüttenwirt war, sondern auch Kletterausflüge mit den Gästen unternahm, hat es lange gedauert, bis ich als Wirtin ernst genommen oder als Kletterbegleitung überhaupt in Frage kam – die Glaubwürdigkeit dieser Rollen musste ich mir hart erarbeiten. Mittlerweile ist vieles einfacher geworden – und auch Hüttenwirtinnen sind nicht mehr so selten.
Carmen: Ich muss sagen, dass wir von den umliegenden Bauern sehr viel Unterstützung bekommen haben – ich würde sagen, manchmal geht es als Frau sogar leichter. (lacht)
Was macht euch in eurem Job – aber auch sonst – am meisten Spaß?
Renate: Ich bediene sehr gerne die Gäste, bin aber auch gerne ich der Küche – ich liebe es, zu kochen und Kuchen zu backen. Viele nennen mich auch eine „Katzennärrin“, weil ich so viel Zeit mit unseren Katzen, aber auch den anderen Tieren auf dem Hof, verbringe. (lacht) Ansonsten gehe ich sehr gerne in den Wald, zum Pilze suchen zum Beispiel, aber auch einfach nur, um mal kurz abzuschalten.
Roberta: Ich mag den Morgen und den Abend, wenn etwas Ruhe einkehrt, am liebsten – denn da habe ich Zeit, mit meinen Gästen zu plaudern. Außerdem liebe ich es, wenn ich mal rauskomme, um z.B. die Wege zu kontrollieren. Dann bin ich für zwei Stunden in den Bergen und genieße die Stille. Das ist für mich eine wichtige Auszeit und Erholung – vor allem der Sonnenaufgang ist immer ein wunderbarer Moment.
Carmen: Abends, wenn ich den Tag Revue passieren lasse, fallen mir bestimmte Personen ein, die zu Besuch waren, Begegnungen, die ich an diesem Tag hatte oder einen Witz, über den ich gelacht habe ... und bin dankbar. Und ja, was den Sonnenaufgang angeht, schließe ich mich Roberta an: Zu dieser Zeit fühle ich mich auch sehr frei.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Carmen: Es ist mir wichtig, dass wir noch mehr lokale Produkte anbieten können und, dass unsere Gäste glücklich sind. Wir möchten unsere Motivation und dieses tolle Team beibehalten und weiterhin jeden Tag das Beste geben. Ich wünsche mir, dass ich meine Freude und dieses Herzblut, das ich momentan bei der Arbeit verspüre, beibehalte.
Renate: Beruflich machen wir so weiter – ich will auf jeden Fall Wirtin bleiben, denn das ist genau meines! Ansonsten möchte ich möglichst viel Zeit mit meinen Enkelkindern verbringen.
Roberta: Ich bin seit 17 Jahren glücklich, weil ich hier einschlafen und aufwachen darf. Aber falls ich eines Tages nicht mehr die Lust und Freude aufbringen kann, die ich momentan und schon seit jeher verspüre, möchte ich den Mut haben zu sagen: Jetzt höre ich auf. Ich möchte keine halben Sachen machen, sondern – egal was ich tue – immer mit Freude und Herz dabei sein.