Ausblicke, Einblicke und ganz viel Winter
Die Schönheit der Winterzeit auch abseits der Skipisten zu erkunden, hat in den Dolomiten Tradition. Zu schön sind die weiten Wälder mit ihren Bächen im Winterschlaf, die Ausblicke Richtung Latemar und Rosengarten und die Momente, die der Winter hier zu bieten hat. Raus in die Natur mit den Schneeschuhen – oder „ciaspole“, wie so manche Südtiroler auf die italienische Art sagen!
Easy going im Winter-Modus
Schneeschuhwandern ist schnell erlernt. Dennoch: Als Frischling sollte man einen erfahrenen Begleiter mit auf die erste Tour nehmen. Die besten Steige, Querungen und Ausgangspunkte zu kennen, macht schlussendlich den Unterschied, ob man nur ein paar Stunden erholsam, aber etwas planlos im Schnee stapft, oder eine Panoramatour erlebt. Und am Abend Abenteuerliches, Wissenswertes und Schönes zu berichten weiß.
In guter Begleitung auf Schneeschuhen
Zur heutigen Schneeschuhwanderung brechen wir gemeinsam mit Ferdinand Pardeller auf – einem routinierten Wander- und Schneeschuhführer. Als er seinen wohlverdienten Ruhestand antreten durfte, war für ihn klar, dass er es „ab jetzt so richtig krachen lassen wird“: Tagtäglich ist er seitdem in den Dolomiten unterwegs und kann seiner Leidenschaft viel Zeit und Aufmerksamkeit widmen. Alleine, mit Bergkameraden aber auch mit bunt gemischten Gruppen – die Ausbildung zum Wanderführer war für Ferdinand Herzenssache, um die Leidenschaft Berge weitergeben zu können.
Startpunkt unserer Wanderung ist der mystische Karer See am Fuße des Latemars. Sein viel beschriebenes, sagenhaft glänzendes, azurblaues Wasser ruht an diesem Wintertag unter der Schneedecke. Felsbrocken, die weiche Schneemützen tragen, verzaubern den Karer See in ein Winter-Skulpturenland. Gleich zu Beginn der Tour in Richtung Nordosten überqueren wir eine tiefe Schlucht auf einer Hängebrücke. „Beste Stahlarbeit von den Männern hier aus dem Tal!“, versichert mir Ferdinand, während wir immer tiefer in den Winterwald hinein stapfen.
Winterliche Stille ganz tief einatmen
Wir folgen einigen Wanderspuren, aber Ferdinand scheint sich ohnehin bestens zu orientieren. Irgendwann biegen wir ab und wandern in unverspurtem Winterweiß vorbei an in Schnee gepackte Holzhütten – die Felswände des Rosengarten fest im Blick. Einige Höhenmeter haben wir bereits zurückgelegt, aber von einer Rast will Ferdinand noch nichts wissen. „Jetzt geht es weiter bis auf die Frin!“ Nach der Moseralm öffnet sich das Blickfeld Richtung Latemartürme.
Ein guter Rastplatz ist ein Kraftplatz
Über einen tief verschneiten Forstweg steigen wir von der Moseralm Richtung Nigerpass auf und erreichen eine urige Almhütte auf einem kleinen Hochplateau zwischen Niger- und Karerpass. „Hier oben auf der Frin – das ist einer meiner Lieblingsplätze im Eggental!“, schwärmt Ferdinand. Warum das so ist – nun, das erklärt sich von selbst, als wir die wärmenden Sonnenstrahlen, den Ausblick auf die Dolomiten, die Ortler-Cevedale-Gruppe und das Brenta-Massiv genießen. Was will man mehr? Darauf hat Ferdinand eine Antwort: Ein Schluck Treberschnaps steht auf dem Programm und dann ziehen wir guten Schrittes weiter.
Ruhepuls Wald
Die gleichmäßige Bewegung beim Schneeschuhwandern hat mit der Zeit etwas sehr Beruhigendes. Sobald Arm- und Beinmotorik im richtigen Rhythmus sind, stellt sich ein tiefenentspanntes Wohlbefinden ein. In winterlicher Ruhe schreiten wir zum Denkmal der Kaiserin Sissi weiter. Ein entlegenes Plätzchen, das zur Sonne geneigt oberhalb des Dorfes Welschnofen thront. Das Denkmal wurde von der Dorfgemeinschaft zur Erinnerung an den Besuch der Kaiserin errichtet. „Hier hat Sissi gerne einsame Stunden verbracht. Es war ihr Lieblingsplätzchen in den Dolomiten“, weiß Ferdinand zu berichten.
Friede, Freude, Wintersport
Auf dem letzten Teilstück unserer Rundtour vergeht die Zeit im Handumdrehen und von Weitem erspähen wir die Hängebrücke von heute Morgen. Ferdinand weiß Geschichten zu erzählen: Dass das Holz der nordseitigen Fichtenbäume besonders wertvoll für den Instrumentenbau ist, ist nur eine von vielen Anekdoten, die wir mit ins Tal nehmen. Aber bevor wir unsere Schneeschuhe ablegen und die Ausrüstung im Wagen verstauen, bleibt auf jeden Fall noch Zeit für einen warmen Schluck Tee … und ein weiteres Schnäpschen! Knapp drei Stunden waren wir unterwegs: Schön war's und lehrreich.